Tag 23 - Mit dem Zug nach Santiago de Compostela
Heute ist es also soweit: das Ende unserer Pilgrerreise ist gekommen und wir reisen nach Santiago de Compostela - für einen Pilgerer führen nämlich alle Wege dorthin und nicht nach Rom. Wir gammeln den halben Vormittag in unserem Hotelzimmer und schauen aus dem Fenster zu wie bei der Pilgerherberge gegenüber stündlich seit Anbruch des Morgens mehr und mehr Pilgerer auf die Öffnung des Tores warten. Die Herberge macht meines Wissens nämlich erst gegen 11:00 Uhr auf oder zumindest öffnet sie erst dann ihre Pforten. Bei der Ansammlung an Pilgerfreunden kann man eine weit verbreitete Sitte beobachten: die Leute stellen ihre Rücksäcke der Reihe nach (wie sie angekommen sind) vor die Tore, um so ihren Platz deutlich zu markieren, sodass es beim Bezug der Herberge bei der richtigen Reihenfolge nachher keine Streitereien gibt. First come, first served!
Um 11:15 Uhr checken wir aus und laufen den kurzen Weg rüber zum Bahnhof, von wo aus unser Zug um 11:30 Uhr abfährt. Zumindest in der Theorie - schließlich befinden wir uns in Spanien. Nach zwei Fahrgeschäften für Luca sitzen wir tatsächlich mit nur 10 minütiger Verspätung im Zug nach Santiago. Auf geht's!
In Santiago angekommen, überrascht es mich nicht mehr, dass es meilenweit bergauf ins Zentrum der Stadt geht. Wir also der Masse hinterher. Relativ geschafft kommen wir schließlich bei einem Spielplatz an und ich lasse Luca eine Viertelstunde spielen. Danach geht es gen Osten weiter, um nach ein paar Gassen wieder rechts abzubiegen, wo man schon von weitem auf einer Anhöhe das alte Knabeninternat sehen kann, dass wir für 4 Nächte beziehen werden. Hier in Santiago ist man natürlich immerzu ausgebucht und von Pilgerschaften überlaufen, dass der werte Pilgerer seinen Pilgerpass selbst stempeln darf und so werde ich etwas ruppig auf den vorhandenen Stempel verwiesen, als ich meinen Pass zum Stempeln überreiche. Okay, selbst ist die Frau! Und der letzte Stempel geht an MICH! Gratulation, sie sind in Santiago de Compostela!
Das Zimmer in der Herberge ist genauso wie ich es mir vorgestellt habe: kalt und spartanisch - wenn auch wunderschön und geläufig! Wir ziehen uns um und gehen in die Stadt. Da Luca sich Spaghetti wünscht, müssen wir einkaufen gehen und werden auch bald nahe der großen Kathedrale von Santiago fündig. Zurück in dem ehemaligen Internat trau ich meinen Augen kaum, als ich drei älteren Damen in die Arme laufe, die ich bereits in León kennenlernen durfte. Zu allen Frauen habe ich von Beginn an eine Art von Nächstenliebe empfunden, wie ich sie vorher noch nie erfahren habe, sodass es mich umso mehr freut alle hier in Santiago wieder anzutreffen und in die Arme zu nehmen. Die Geschichten dieser (weißen) Frauen könnten nicht unterschiedlicher sein und jede dieser Damen hatte ihre eigene wichtige Rolle in ihrem Leben in Südafrika, dass ich mir ihre Worte für immer im Herzen bewahren werde. Nach einem kurzen Plausch geht es auch schon in die Gemeinschaftsküche des Hauses, wo gefühlt jede Nation zuhause ist: in dem Stimmgewusel der Leute erkenne ich u.a. Dänisch, Tschechisch, Italienisch, Spanisch, Deutsch, Englisch und Japanisch!
Luca ist restlos begeistert: von der Atmosphäre, von der generellen Aufmerksamkeit, die er als Kleinkind auf sich zieht und natürlich von Mamas Nudeln! Den Rest des Abends verbringen wir - natürlich nach einer ausgiebigen Körperwäsche - in unserer "Zelle" und ruhen uns aus.
Tag 24 - Das Grün in Santiago erkunden
Heute wollen wir die Stadt ein wenig erkunden und benehmen uns - ausgestattet mit Stift und Stadtplan - wie echte Touristen, but first: Spielplatz!
Nach etwa einer halben Stunden Spiel & Spaß für Luca entdecken wir eine kleine Konfiserie, welche an der Hauptstraße gelegen ist, und sind sofort Feuer und Flamme! Mit Meringen in Vanille- und Erdbeergeschmack sowie zuckerverschmierten Schnuten verlassen wir das Geschäft als fröhlich grinsende Honigkuchenpferdchen und folgen den Menschen stadteinwärts bis wir zu einer Biegung kommen, an der man wahlweise nach rechts Richtung Kathedrale gehen kann oder nach links in Richtung einer Grünanlage. Wir entscheiden uns für's Grüne, nachdem das Kirchliche uns heute so gar nicht interessiert, außerdem haben wir die Kathedrale ja gestern schon gesehen - zumindest von hinten.
Unser Weg führt uns in den Stadtpark von Santiago, der äußerst gut gepflegt ist. Einem Halbkreis folgend finden wir ein Plateau mit einer Treppe, die uns hinab zu einem weiteren Spielplatz führt. Während Luca spielt, schieße ich ein paar Fotos. Dann geht es wieder bergauf bis sich der "Rundgang" des Parks schließt und wir wieder dort ankommen, von wo aus wir gestartet sind. Nun gehen wir also doch ins Stadtinnere und schlendern durch die Gassen. Überall sind Pilger! Bei der Kathedrale angekommen, schießen wir auch hier ein paar Fotos und gönnen uns an den heiligen Mauern sitzend eine kleine Tüte Chips.
Am Weg in die Herberge bogen wir aus Versehen eine Gasse zu früh ab und so führte unser Weg an einem Spielplatz vorbei. Nachdem wir diesen noch kurz bespielt hatten, waren wir auch schon bereit für's Bett.
Tag 25 - Der König von Santiago
Nach einem kurzen Frühstück in der Gemeinschaftsküche gammeln wir den halben Tag nur in unserem Zimmerchen herum. Lediglich zur Mittagszeit raffe ich mich auf und mache den Wäsche-Check: nachdem bei den Waschmaschinen im Untergeschoss immer solch ein Stau herrscht, hatte ich gestern Wäsche im Handwaschbecken gewaschen; leider ist sie noch feucht, weil es in diesen alten Gemäuern doch recht kühl ist - außerdem hat es seit letzter Nacht durchgeregnet - und wir auch Baumwollsachen dabei haben. Ich drehe sie einmal um und gehe zurück ins Zimmer.
Ein paar Snacks im Bauch und um einen ausgedehnten Mittagsschlaf reicher, ist der große Hunger nicht fern und und so geht es auf Drängen des Kleinen zum Burger King. Das Fast Food Lokal stellt sich als wahres Highlight heraus, da es eine Spielbox für Kinder gibt. Dort werden Spiele auf den Boden projiziert und die Kinder müssen mit ihren Füßen entsprechend agieren - die Spiele wechseln alle paar Minuten. Ich bekomme Luca, der eine hübsche gelbe Burger King Krone trägt, kaum mehr aus dem Spielbereich; selbst als ich mit seinen Nuggets winke, kommt er nur widerwillig. Und natürlich verschwand er auch schon wieder als er sie aufgegessen hatte. Als wir den Heimweg antreten, geht die Sonne auch schon unter...
Tag 26 - Die Stadt und ihre verborgenen Ecken
Bevor wir abreisen, nehmen wir uns fest vor noch mehr von Santiago zu entdecken und so klappern wir alle Gassen ab, die wir noch nicht gesehen haben. Dabei stoßen wir auf weitere Pilgerer, andere Kinder (Stichwort: Spielplatz), Hochzeitsgäste, alte Busse, noch ältere Stadtmauern und jede Menge Sonnenschein.
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